Bauernopfer-Referenz: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Begriff „Bauernopfer-Referenz“ wurde vom deutschen Rechtswissenschaftler Benjamin Lahusen im Jahr 2006 eingeführt.<ref>LAHUSEN, Benjamin (2006): Goldene Zeiten. Anmerkungen zu Hans-Peter Schwintowski, Juristische Methodenlehre, UTB basics Recht und Wirtschaft 2005. In: Kritische Justiz, Jahrgang 39, Heft 4, S. 398-417. [https://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc/2006/20064Lahusen_S_398.pdf https://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc/2006/20064Lahusen_S_398.pdf]</ref> Er bezeichnet eine offenbar weit verbreitete Schwindel-Methode, bei der nur ein kleiner Teil des Übernommenen als Zitat ausgewiesen wurde. Dabei kann es sich um ein wörtliches oder, wie in der folgenden Abbildung, um ein sinngemäßes Zitat handeln. Fußnote 118 bezieht sich ganz offensichtlich auf das Faktum, dass eine Kommission die Schaffung eines Schlichtungsverfahrens vorgesehen hat. Für den Leser/die Leserin ist an keiner Stelle ersichtlich, dass der gesamte rot markierte Text (!) aus der entsprechenden Quelle (Wimmer in Oberndorfer 1991) entnommen wurde.
 
Der Begriff „Bauernopfer-Referenz“ wurde vom deutschen Rechtswissenschaftler Benjamin Lahusen im Jahr 2006 eingeführt.<ref>LAHUSEN, Benjamin (2006): Goldene Zeiten. Anmerkungen zu Hans-Peter Schwintowski, Juristische Methodenlehre, UTB basics Recht und Wirtschaft 2005. In: Kritische Justiz, Jahrgang 39, Heft 4, S. 398-417. [https://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc/2006/20064Lahusen_S_398.pdf https://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc/2006/20064Lahusen_S_398.pdf]</ref> Er bezeichnet eine offenbar weit verbreitete Schwindel-Methode, bei der nur ein kleiner Teil des Übernommenen als Zitat ausgewiesen wurde. Dabei kann es sich um ein wörtliches oder, wie in der folgenden Abbildung, um ein sinngemäßes Zitat handeln. Fußnote 118 bezieht sich ganz offensichtlich auf das Faktum, dass eine Kommission die Schaffung eines Schlichtungsverfahrens vorgesehen hat. Für den Leser/die Leserin ist an keiner Stelle ersichtlich, dass der gesamte rot markierte Text (!) aus der entsprechenden Quelle (Wimmer in Oberndorfer 1991) entnommen wurde.
  
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Nach herrschender Auffassung liegt mit einer Bauernopfer-Referenz kein Zitierfehler vor, sondern ein Plagiat, weil der Verfasser (offenbar in Kenntnis der Zitierregeln) das tatsächlich übernommene Textausmaß verheimlicht. Damit liegt ein Täuschungs- bzw. Erschleichungsmoment vor. Lahusen definiert die Absicht hinter der illegitimen Bauernopfer-Referenz so: „Ein kleiner Teil wird als Ergebnis fremder Geistestätigkeit gekennzeichnet, damit die Eigenautorschaft […] hinsichtlich des übrigen Textes umso plausibler wird.“<ref>LAHUSEN, Benjamin (2006): Goldene Zeiten. Anmerkungen zu Hans-Peter Schwintowski, Juristische Methodenlehre, UTB basics Recht und Wirtschaft 2005. In: Kritische Justiz, Jahrgang 39, Heft 4, S. 405. [https://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc/2006/20064Lahusen_S_398.pdf https://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc/2006/20064Lahusen_S_398.pdf]</ref> Die Absicht (die Intentionalität, der Vorsatz, der Versuch des Betrugs am Leser/an der Leserin) wird so klar zum Ausdruck gebracht.
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Bauernopfer-Referenzen waren ein typisches, wenn nicht das „Stilmittel“ des Textplagiats in Zeiten vor der Digitalisierung: Denn es war ein Leichtes, aus einer vorliegenden Printquelle um den zitierten Inhalt herum mehr abzuschreiben und diese Texte nicht zu kennzeichnen.
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Aktuelle Version vom 21. April 2022, 13:44 Uhr

Der Begriff „Bauernopfer-Referenz“ wurde vom deutschen Rechtswissenschaftler Benjamin Lahusen im Jahr 2006 eingeführt.[1] Er bezeichnet eine offenbar weit verbreitete Schwindel-Methode, bei der nur ein kleiner Teil des Übernommenen als Zitat ausgewiesen wurde. Dabei kann es sich um ein wörtliches oder, wie in der folgenden Abbildung, um ein sinngemäßes Zitat handeln. Fußnote 118 bezieht sich ganz offensichtlich auf das Faktum, dass eine Kommission die Schaffung eines Schlichtungsverfahrens vorgesehen hat. Für den Leser/die Leserin ist an keiner Stelle ersichtlich, dass der gesamte rot markierte Text (!) aus der entsprechenden Quelle (Wimmer in Oberndorfer 1991) entnommen wurde.

Typische Bauernopfer-Referenz

Nach herrschender Auffassung liegt mit einer Bauernopfer-Referenz kein Zitierfehler vor, sondern ein Plagiat, weil der Verfasser (offenbar in Kenntnis der Zitierregeln) das tatsächlich übernommene Textausmaß verheimlicht. Damit liegt ein Täuschungs- bzw. Erschleichungsmoment vor. Lahusen definiert die Absicht hinter der illegitimen Bauernopfer-Referenz so: „Ein kleiner Teil wird als Ergebnis fremder Geistestätigkeit gekennzeichnet, damit die Eigenautorschaft […] hinsichtlich des übrigen Textes umso plausibler wird.“[2] Die Absicht (die Intentionalität, der Vorsatz, der Versuch des Betrugs am Leser/an der Leserin) wird so klar zum Ausdruck gebracht.

Bauernopfer-Referenzen waren ein typisches, wenn nicht das „Stilmittel“ des Textplagiats in Zeiten vor der Digitalisierung: Denn es war ein Leichtes, aus einer vorliegenden Printquelle um den zitierten Inhalt herum mehr abzuschreiben und diese Texte nicht zu kennzeichnen.

Fußnoten

  1. LAHUSEN, Benjamin (2006): Goldene Zeiten. Anmerkungen zu Hans-Peter Schwintowski, Juristische Methodenlehre, UTB basics Recht und Wirtschaft 2005. In: Kritische Justiz, Jahrgang 39, Heft 4, S. 398-417. https://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc/2006/20064Lahusen_S_398.pdf
  2. LAHUSEN, Benjamin (2006): Goldene Zeiten. Anmerkungen zu Hans-Peter Schwintowski, Juristische Methodenlehre, UTB basics Recht und Wirtschaft 2005. In: Kritische Justiz, Jahrgang 39, Heft 4, S. 405. https://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc/2006/20064Lahusen_S_398.pdf