Plagiat
Ein Plagiat[1] ist in einer klassischen Definition der Diebstahl geistigen Eigentums. Ein Plagiat liegt vor, wenn fremdes geistiges Eigentum als eigenes ausgegeben wird. Unter urheberrechtlicher Perspektive könnte man formulieren: Ein Plagiat ist die unbefugte Verwertung eines fremden Werks oder von fremden Werkteilen unter Anmaßung der eigenen Urheberschaft.
Erstes Beispiel für ein wissenschaftliches Textplagiat
Für die Identifikation eines Plagiats ist es entscheidend, dass ‚vor Ort‘ keine Quellenangabe erfolgte. Aber auch mit einer Quellenangabe, die ein sinngemäßes Zitat anzeigen würde, wäre der Text viel zu nah am Original und damit immer noch zumindest als Zitierfehler zu werten. Für die Identifikation eines Plagiats ist immer der Kontext entscheidend, es ist aber zunächst nicht entscheidend, ob in der Arbeit, die das Plagiat enthält, die Quelle des Plagiats an einer anderen Stelle angegeben wurde oder ob die plagiierte Arbeit im Literaturverzeichnis der Arbeit, die das Plagiat enthält, erwähnt wurde. Solche Fragen sind erst dann zu beantworten, wenn es um die Einordnung des Plagiats als Folge grob fahrlässigen Verhaltens oder Täuschungsverhaltens geht.
Zweites Beispiel für ein (diesmal schwerwiegendes) wissenschaftliches Textplagiat
Begriffsgeschichte
Das Wort ‚Plagiat‘ hat sich in der deutschen Sprache erst im 18. Jahrhundert verbreitet, vom französischen ‚plagiat‘ kommend.[2] Der Begriff geht zurück auf lat. ‚plaga, -ae (f.)‘, das mehrere Grundbedeutungen hat. Eine davon ist das (Jagd-)Netz, mit dem man etwas einfängt, auch der Fallstrick oder die Schlinge.[3] Das lateinische Wort ‚plagiarius‘ tritt in der Bedeutung ‚Menschenräuber‘ und ‚Sklavenhändler‘[4] auf – übertragen und bildlich im Sinne einer Person, die Menschen (mit einem Netz) einfängt und dann zu Sklaven macht. Beim römischen Dichter Martial ist im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung in den Epigrammen (1,52) nachzulesen: „hoc si terque quaterque clamitaris, impones plagiario pudorem“. Dies kann übersetzt werden mit: „Wenn Du das drei oder vier Mal deutlich sagst, wirst du den Plagiator beschämen.“[5] Bei Martial kommt es somit zu einer Bedeutungsverschiebung: Der ‚plagiarius‘ nicht mehr als der Menschendieb, sondern als der Textdieb, als Räuber von Versen: als einer, der fremde Verse – nämlich die des Martial – als eigene vorträgt.
Die klassische Bedeutung von Plagiat ist demnach der „Diebstahl geistigen Eigentums“[6], wobei darauf hinzuweisen ist, dass sich der Begriff des ‚geistigen Eigentums‘ erst in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts verbreitet hat (obwohl Plagiatsstreitigkeiten, siehe Martial, viel älter sind und schon für die griechische Antike nachgewiesen wurden).
Fußnoten
- ↑ Dieser Ersttext zum Stichwort „Plagiat“ ist der IHS-Studie „Plagiatsprüfung durch österreichische Universitäten und Hochschulen. Lagebericht zur Praxis in Studium und Lehre“, Unterkapitel „Begriff und Erscheinungsformen des (vor allem: akademischen) Plagiats“, S. 6-11 (in der Fassung des Zwischenberichts vom 17.08.2021) entnommen, Verfasser Stefan Weber. Er wurde bereits für die Erstbefüllung des Wikis erweitert und redigiert.
- ↑ Siehe Duden, Band 7, Herkunftswörterbuch in der Fassung von 19892, Eintrag ‚Plagiat‘.
- ↑ https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/latein-deutsch/plaga
- ↑ https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/latein-deutsch/plagiarius
- ↑ Dank für Mitarbeit an Herbert Toscany.
- ↑ Siehe Duden, Band 7, Herkunftswörterbuch in der Fassung von 19892, Eintrag ‚Plagiat‘.