Quellenkritik

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Quellenkritik ist die Grundregel Nummer 1 wissenschaftlichen Zitierens. Quellenkritik meint die Prüfung, ob eine Quelle, die man zitieren möchte, überhaupt in einer wissenschaftlichen Textsorte zitierwürdig ist: ob man der Quelle vertrauen kann, ob sie verlässlich ist. Wenn in einer Quelle andere Quellen, etwa empirische Studien, angeführt werden, ist es immer geboten, die Originalquelle, also die empirische Studie selbst, aufzusuchen und zu zitieren. Es ist nicht zulässig, etwa empirische Ergebnisse aus massenmedialen Quellen zu zitieren, da man damit oft sogenannte „publizistische Verkürzungen“ übernimmt – es sei denn, genau dies zu untersuchen ist der Gegenstand der wissenschaftlichen Arbeit.

Im Folgenden wird eine kleine Checkliste für Quellenkritik von Tara Brabazon[1] wiedergegeben:

  1. Wer hat die Informationen verfasst?
  2. Welches Fachwissen hat der Verfasser?
  3. Welche Beweise werden verwendet? Gibt es in dem Beitrag Zitate?
  4. Welcher Art ist das Dokument: Journalismus, akademische Arbeit, Blog, Polemik?
  5. Wird die Website/das Dokument/die Reportage von einer Institution finanziert?
  6. Welches Argument wird vorgebracht?
  7. Wann wurde der Text erstellt?
  8. Warum ist diese Information zu diesem Zeitpunkt in der Geschichte entstanden?
  9. An wen richtet sich diese Information?
  10. Was wird nicht besprochen und welche (politischen) Folgen hat dieses Fehlen?“[2]

Die Seriosität und Glaubwürdigkeit einer Quelle kann nicht nur von menschlicher Intelligenz geprüft werden. Auch Software kann unterstützen (Plagiatsprüfung, Autorschafts-Metriken-Prüfung/Ghostwriting-Prüfung, qualitative Textanalyse).

Bei der quellenkritischen Prüfung sind zusätzlich folgende Punkte zu beachten:

  • Handelt es sich bei der Institution, für die die Autor/inn/en arbeiten, um ein seriöse wissenschaftliche Institution und etwa keinen Think-tank mit einem ‚bias‘ (etwa: Klimafolgen-Relativierung oder gar -Leugnung oder umgekehrt Auftragsforschung einer Grünpartei)? – Einschränkung: Sofern aber (in empirischen Arbeiten) relevante Fakten aufzufinden sind, so sind diese methodisch und/oder logisch zu würdigen bzw. Widersprüche aufzuzeigen. Diese einfach zu ignorieren wäre Willkür.
  • Handelt es sich bei den Autor/inn/en um Personen, die keine nicht angegebenen Interessenskonflikte haben (etwa: Ex-Monsanto-Berater schreibt an Studien zu den Effekten von Glyphosat mit)? – Abermals gilt die Einschränkung: Sofern aber relevante Fakten aufzufinden sind, so sind diese methodisch und/oder logisch zu würdigen und auf Widersprüche hinzuweisen. Eine (empirische) Faktenlage generell zu ignorieren, nur weil ein Autor ‚verdächtig‘ ist, widerspricht der wissenschaftlichen Sorgsamkeit.
  • Handelt es sich bei den Journals und Verlagen um keine Fake Science-Journals und keine „Predatory Publishers“, als Raubjournale und -verlage, bei denen gegen Geld alles gedruckt werden kann? – Einschränkung: Neben Fake Science-Journals gibt es noch zahlreiche E-Journals mit einem sehr breiten Qualitätsanspruch, aber einer ebenso raschen Bearbeitung. Derartige Journals erlauben die Publikation von Beiträgen abseits des Mainstreams (welche sonst oft erst nach Jahren zur Veröffentlichung gelangen), um z.B. den Prioritätsanspruch zu sichern. (Der Prioritätsanspruch wurde früher mit Kongressbeiträgen gesichert, aufgrund diverser Vorkommnisse ist das aber selten geworden.)
  • Gab es für das zu zitierende Paper ein ordentliches double blind peer review (das heißt: der Gutachter wusste nichts über die Identität des Autors und der Autor wusste nichts über die Identität des Gutachters)? – Einschränkung: Obwohl double blind peer review ein übliches Verfahren zur Qualitätskontrolle ist, wurde andererseits gezeigt, dass dieses Verfahren auch Mängel hat; zudem erfolgt bei den (meisten) Top-Journals die allererste Begutachtung redaktionell (also nicht anonym!) und weiters errät man als Reviewer oft die Autoren aufgrund des Themas, der Methode und der Literatur; somit wird die Qualität dieses Verfahrens oft auch überschätzt.
  • Wird in dem Paper oder dem Buch der Fachkultur entsprechend korrekt zitiert? Daran erkennt man schnell die Sorgfalt des Autors.

TIPP: Nicht aus Fake Journals und aus sonstigen Werken von Raubverlagen zitieren!

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Eine Liste der Raubverlage, die beweist, wie riesig diese Fehlentwicklung in der Wissenschaft bereits geworden ist, finden Sie hier: https://beallslist.net

Fußnoten

  1. BRABAZON, Tara (2006): The Google Effect: Googling, Blogging, Wikis and the Flattening of Expertise. In: Libri 56(3), S. 163.
  2. Deutschsprachige Übersetzung des Originals mit Deepl.com: 1. Who authored the information? 2. What expertise does the writer have to comment? 3. What evidence is used? Are there citations in the piece? 4. What genre is the document: journalism, academic paper, blog, polemic? 5. Is the site/document/report funded by an institution? 6. What argument is being made? 7. When was the text produced? 8. Why did this information emerge at this point in history? 9. Who is the audience for this information? 10. What is not being discussed and what are the political consequences of that absence?”