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[[Datei:Erscheinungsformen-Plagiat-05-oT.png|none|thumb|800px|'''Erscheinungsformen des akademischen Plagiats''']]
 
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Bei der Modalität kommt wohl die Spielart ‚Plagiat eines fremden Contents’ am häufigsten vor. Studentische Selbstplagiate (die Rede ist auch von ‚Eigenplagiaten’ oder ‚Autoplagiaten’) kommen vor, wenn schriftliche Arbeiten oder Teile daraus für mehrere Prüfungszwecke eingereicht werden oder wenn etwa Bachelorarbeiten zu Teilen oder gänzlich ohne entsprechende Angaben in Masterarbeiten aufgenommen werden.<ref>Die studienrechtliche Bewertung von Selbstplagiaten ist nicht eindeutig, vgl. dazu auch GAMPER 2009 anlässlich des Falls eines Selbstplagiats aus einer Dissertation in einer Habilitationsschrift. In Österreich ist das „Selbstplagiat“ hochschulrechtlich nicht erfasst, allerdings wird es etwa in einer aktuellen europaweiten Aufstellung von Formen wissenschaftlichen Fehlverhaltens zumindest unter „other unacceptable practices“ gereiht, siehe https://ec.europa.eu/info/funding-tenders/opportunities/docs/2021-2027/horizon/guidance/european-code-of-conduct-for-research-integrity_horizon_en.pdf: 8 f. Die Definition lautet hier: „Re-publishing substantive parts of one’s own earlier publications, including translations, without duly acknowledging or citing the original (‘self-plagiarism’)“. Entscheidend ist also nicht die Mehrfachverwertung ‚als solche‘, sondern das Unterlassen des Hinweises auf diese und auf den genauen Umfang.</ref>
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Bei der ''Modalität'' kommt wohl die Spielart ‚Plagiat eines fremden Contents’ am häufigsten vor. Studentische Selbstplagiate (die Rede ist auch von ‚Eigenplagiaten’ oder ‚Autoplagiaten’) kommen vor, wenn schriftliche Arbeiten oder Teile daraus für mehrere Prüfungszwecke eingereicht werden oder wenn etwa Bachelorarbeiten zu Teilen oder gänzlich ohne entsprechende Angaben in Masterarbeiten aufgenommen werden.<ref>Die studienrechtliche Bewertung von Selbstplagiaten ist nicht eindeutig, vgl. dazu auch GAMPER 2009 anlässlich des Falls eines Selbstplagiats aus einer Dissertation in einer Habilitationsschrift. In Österreich ist das „Selbstplagiat“ hochschulrechtlich nicht erfasst, allerdings wird es etwa in einer aktuellen europaweiten Aufstellung von Formen wissenschaftlichen Fehlverhaltens zumindest unter „other unacceptable practices“ gereiht, siehe https://ec.europa.eu/info/funding-tenders/opportunities/docs/2021-2027/horizon/guidance/european-code-of-conduct-for-research-integrity_horizon_en.pdf: 8 f. Die Definition lautet hier: „Re-publishing substantive parts of one’s own earlier publications, including translations, without duly acknowledging or citing the original (‘self-plagiarism’)“. Entscheidend ist also nicht die Mehrfachverwertung ‚als solche‘, sondern das Unterlassen des Hinweises auf diese und auf den genauen Umfang.</ref>
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In Bezug auf die (Content-)Quelle<ref>Der m.E. irreführende Begriff eines ‚Inhaltsplagiats‘ (wohl analog zum ebenfalls irreführenden, weil zu weit gefassten Begriff des ‚inhaltlichen Zitats‘ mitunter vorkommend) wird hier nicht verwendet, weil unter Inhalten sowohl Texte (konkrete sprachliche Realisationen von Ideen) als auch Ideen verstanden werden können bzw. die Differenzierung eines Inhalts vom Text und der Idee nicht gelingt.</ref> sind ohne Zweifel Textplagiate die häufigste Variante. Der Bogen spannt sich hier von Plagiatsfragmenten in Bewerbungsschreiben über die ‚klassischen’ Formen des Textplagiats etwa in Theorieteilen von Abschlussarbeiten bis zu plagiierten Wiedergaben qualitativer Interviews (Versuchspersonen werden Zitate ‚in den Mund gelegt‘, die schon andere Personen zuvor in anderen Forschungssettings gesagt haben). Strukturplagiate (von Inhaltsverzeichnissen) sind ebenso ein Thema wie Ideenplagiate (etwa Fragen der Art: Wer hat als Erster die Evolutionäre Erkenntnistheorie mit dem Radikalen Konstruktivismus verbunden, und ist es ein Ideenplagiat, wenn diese Erstquelle nicht zitiert wird?).
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In Bezug auf die (Content-)''Quelle''<ref>Der m.E. irreführende Begriff eines ‚Inhaltsplagiats‘ (wohl analog zum ebenfalls irreführenden, weil zu weit gefassten Begriff des ‚inhaltlichen Zitats‘ mitunter vorkommend) wird hier nicht verwendet, weil unter Inhalten sowohl Texte (konkrete sprachliche Realisationen von Ideen) als auch Ideen verstanden werden können bzw. die Differenzierung eines Inhalts vom Text und der Idee nicht gelingt.</ref> sind ohne Zweifel Textplagiate die häufigste Variante. Der Bogen spannt sich hier von Plagiatsfragmenten in Bewerbungsschreiben über die ‚klassischen’ Formen des Textplagiats etwa in Theorieteilen von Abschlussarbeiten bis zu plagiierten Wiedergaben qualitativer Interviews (Versuchspersonen werden Zitate ‚in den Mund gelegt‘, die schon andere Personen zuvor in anderen Forschungssettings gesagt haben). Strukturplagiate (von Inhaltsverzeichnissen) sind ebenso ein Thema wie Ideenplagiate (etwa Fragen der Art: Wer hat als Erster die Evolutionäre Erkenntnistheorie mit dem Radikalen Konstruktivismus verbunden, und ist es ein Ideenplagiat, wenn diese Erstquelle nicht zitiert wird?).
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Die Intensität eines Plagiats lehnt sich an Kategorisierungen der Plagiatsdokumentier-Plattformen GuttenPlag Wiki und VroniPlag Wiki an, wobei im vorliegenden Kapitel – wie in den erwähnten Wikis –der Begriff des ‚Bauernopfers’ von Benjamin Lahusen (2006) übernommen wird.<ref>Siehe https://guttenplag.wikia.org/de/wiki/PlagiatsKategorien.</ref> Lahusen bemerkt zu der von ihm so bezeichneten ‚Bauernopfer-Referenz’ (der Begriff ist in diesem Kontext in der Tat Lahusens Erfindung): „Ein kleiner Teil [des insgesamt übernommenen Texts] wird als Ergebnis fremder Geistestätigkeit gekennzeichnet, damit die Eigenautorschaft […] hinsichtlich des übrigen Textes umso plausibler wird.“<ref>LAHUSEN, Benjamin (2006): Goldene Zeiten. Anmerkungen zu Hans-Peter Schwintowski, Juristische Methodenlehre, UTB basics Recht und Wirtschaft 2005. In: Kritische Justiz (KJ) 39(4), S. 406.</ref> Auf gut Deutsch: Bauernopfer-Referenz meint, dass mehr Text wörtlich übernommen wurde, als mit Anführungszeichen versehen wurde. Diese Spielart des Plagiats konnte auch in zahlreichen Qualifikationsschriften aus der Zeit vor der Digitalisierung identifiziert werden. Die ‚Bauernopfer-Referenz’ (oder kurz das Bauernopfer) kann auch als Alibi-Fußnote bezeichnet werden, die den Leser über den wahren Umfang des übernommenen Fremdtexts im Unklaren lässt. Dabei bedeutet ‚einfaches Bauernopfer’, dass das Fußnotenzeichen meist im Fließtext so platziert wird, dass nicht erahnt werden kann, dass noch mehr Text oberhalb oder unterhalb des Fußnotenzeichens übernommen wurde. Ein ‚verschärftes Bauernopfer’ liegt dann vor, wenn der Quellenverweis meist im Fußnotentext etwa auf bloß weiterführende Literatur zum Thema verweist, während in Wahrheit Text wörtlich oder umformuliert aus ebendieser sogenannten ‚weiterführenden’ Literatur übernommen wurde. Mit Blindzitat ist schließlich gemeint, dass ein in Sekundärliteratur wörtlich oder sinngemäß zitierter Text aus der Primärliteratur im eigenen Werk wie Primärliteratur zitiert wird, es wird also das Zitat aus der Sekundärliteratur abgeschrieben. – Weitere Spielarten und Unter-Erscheinungsformen sind denkbar.
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Die ''Intensität'' eines Plagiats lehnt sich an Kategorisierungen der Plagiatsdokumentier-Plattformen GuttenPlag Wiki und VroniPlag Wiki an, wobei im vorliegenden Kapitel – wie in den erwähnten Wikis –der Begriff des ‚Bauernopfers’ von Benjamin Lahusen (2006) übernommen wird.<ref>Siehe https://guttenplag.wikia.org/de/wiki/PlagiatsKategorien.</ref> Lahusen bemerkt zu der von ihm so bezeichneten ‚[[Bauernopfer-Referenz]]’ (der Begriff ist in diesem Kontext in der Tat Lahusens Erfindung): „Ein kleiner Teil (des insgesamt übernommenen Texts) wird als Ergebnis fremder Geistestätigkeit gekennzeichnet, damit die Eigenautorschaft […] hinsichtlich des übrigen Textes umso plausibler wird.“<ref>LAHUSEN, Benjamin (2006): Goldene Zeiten. Anmerkungen zu Hans-Peter Schwintowski, Juristische Methodenlehre, UTB basics Recht und Wirtschaft 2005. In: Kritische Justiz (KJ) 39(4), S. 406.</ref> Auf gut Deutsch: Bauernopfer-Referenz meint, dass mehr Text wörtlich übernommen wurde, als mit Anführungszeichen versehen wurde. Diese Spielart des Plagiats konnte auch in zahlreichen Qualifikationsschriften aus der Zeit vor der Digitalisierung identifiziert werden. Die ‚Bauernopfer-Referenz’ (oder kurz das Bauernopfer) kann auch als ''Alibi-Fußnote'' bezeichnet werden, die den Leser über den wahren Umfang des übernommenen Fremdtexts im Unklaren lässt. Dabei bedeutet ''‚einfaches Bauernopfer’'', dass das Fußnotenzeichen meist im Fließtext so platziert wird, dass nicht erahnt werden kann, dass noch mehr Text oberhalb oder unterhalb des Fußnotenzeichens übernommen wurde. Ein ''‚verschärftes Bauernopfer’'' liegt dann vor, wenn der Quellenverweis meist im Fußnotentext etwa auf bloß weiterführende Literatur zum Thema verweist, während in Wahrheit Text wörtlich oder umformuliert aus ebendieser sogenannten ‚weiterführenden’ Literatur übernommen wurde. Mit ''[[Blindzitat]]'' ist schließlich gemeint, dass ein in Sekundärliteratur wörtlich oder sinngemäß zitierter Text aus der Primärliteratur im eigenen Werk wie Primärliteratur zitiert wird, es wird also das Zitat aus der Sekundärliteratur abgeschrieben. – Weitere Spielarten und Unter-Erscheinungsformen sind denkbar.
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Mithin wäre folgende operationalisierbare Definition eines akademischen Textplagiats denkbar: Ein akademisches Textplagiat liegt immer dann vor, wenn nach herrschenden Zitierrichtlinien Anführungszeichen gesetzt und/oder Quellenangaben (dies inkludiert: am richtigen Ort) hätten platziert werden müssen oder (in der numerischen Zitierweise) die wörtliche Übernahme unerlaubt war.
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Mithin wäre folgende operationalisierbare Definition eines akademischen Textplagiats denkbar: Ein akademisches Textplagiat liegt immer dann vor, '''wenn nach herrschenden Zitierrichtlinien Anführungszeichen gesetzt und/oder Quellenangaben (dies inkludiert: am richtigen Ort) hätten platziert werden müssen oder (in der numerischen Zitierweise) die wörtliche Übernahme unerlaubt war'''.
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Ein zweiter operationalisierbarer Definitionsvorschlag lautet: Ein akademisches Textplagiat liegt immer dann vor, wenn die Zuhilfenahme aller aktuell verfügbarer Methoden (Software, Suchmaschinen, manuelle Vergleiche) ergibt, dass eine zufällige Textgleichheit ausgeschlossen werden kann.
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Ein zweiter operationalisierbarer Definitionsvorschlag lautet: Ein akademisches Textplagiat liegt immer dann vor, '''wenn die Zuhilfenahme aller aktuell verfügbarer Methoden (Software, Suchmaschinen, manuelle Vergleiche) ergibt, dass eine zufällige Textgleichheit ausgeschlossen werden kann'''.
    
== Fußnoten ==
 
== Fußnoten ==
    
<references />
 
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